Lippenherpes ist nicht nur lästig, sondern auch eine stark belastende sowie ernst zu nehmende Erkrankung. Verursacher ist das Herpes-simplex-Virus. Während sich der Typ 1 (HSV-1) meist im Gesicht und auf den Lippen bemerkbar macht, so kommt es beim Typ II (HSV-2) vermehrt zu Genitalherpes. Aktuell sind acht weitverbreitete Virenstämme bekannt. Diese können neben den typischen Symptomen wie Bläschenbildung, Kribbeln, Jucken und Schwellungen auch schwere Allgemeinerkrankungen auslösen.
Wird Lippenherpes nicht rechtzeitig und zielgerichtet behandelt, drohen mitunter Infektionen an Wangen, Ohren, Nase, Augen, Fingern und Zehen, da sich die Viren im gesamten Organismus ausbreiten. Von den Entzündungen wandert der Erreger über Nervenbahnen zu anderen Regionen, wo er genetisches Material in Form von DNA in den Zellkernen verankert. Der Körper bildet zwar Antikörper, um die Eindringlinge zu bekämpfen, doch sie sind für das Immunsystem unangreifbar. Wer sich einmal infiziert hat, behält den schlafenden Virus lebenslang.
Eine Ansteckung mit Herpes ist jedoch kein Grund zur Besorgnis. Die Erkrankung bleibt oft und lange Zeit unerkannt, die Erstinfektion erfolgt häufig schon im Kindesalter durch Tröpfchen. Die Betroffenen bemerken meist gar nicht, dass Sie Träger von Viren sind. Laut „Pharmazeutische Zeitung“ lassen sich in Deutschland bei 88 Prozent aller Erwachsenen Antikörper gegen HSV-1 im Blut nachweisen. Erst wenn es infolge einer Reaktivierung zum Ausbruch von Herpes kommt, besteht akuter Handlungsbedarf. Unterschiedliche Faktoren wie Stress, Sonnenbestrahlung, Ekelempfinden, Fieber oder ein schwaches Immunsystem lösen die Erkrankung meist aus.
Die Einnahme von antiviralen Medikamenten erreicht bei Herpes keine durchschlagende Wirkung. Die Medizin ist noch nicht in der Lage, den Virus komplett aus dem Organismus zu verbannen. Von Hausmittelchen wie Zahnpasta, ätherischen Ölen oder Essig ist unbedingt abzuraten. Sie trocknen die Haut stark aus, wodurch Bläschen und Krusten immer wieder aufplatzen. Dadurch haben viele Bakterien leichtes Spiel, in den Organismus einzudringen und Schaden anzurichten. Für teure Laserverfahren gibt es bislang keinen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis.
Erfolge lassen sich jedoch durch Cremes, Salben und Tinkturen erzielen. Zahlreiche Cremes gegen Lippenherpes sind zur äußerlichen Behandlung der Läsionen ideal. Im Rahmen der Selbstmedikation sorgen sie für ein rasches Abklingen der Symptome sowie für eine beschleunigte Heilung der betroffenen Regionen. Die Mittel sollten nicht erst bei ausgeprägten Symptomen zur Anwendung kommen. Schon beim ersten Anzeichen von Kribbeln und Spannen stoppen die enthaltenen Wirkstoffe aufkeimenden Lippenherpes. Nur spezifische Salben mit antiviraler Wirkung greifen gezielt in die Vermehrungszyklen der Viren ein. Die enthaltenen Substanzen lindern nachweislich die Beschwerden und verkürzen den Krankheitsverlauf erheblich. Bei sehr schweren Symptomen oder bei Komplikationen ist jedoch ein Arztbesuch unumgänglich.
Als zuverlässig wirkende Präparate haben sich Virostatika in Form von Nukleosidanaloga bewährt. Die Mittel bekämpfen Herpesviren sofort nach dem Auftragen. Einen Schritt weiter geht jedoch der chemische Wirkstoff Docosanol. Bei frühzeitiger Anwendung verhindert er die Infektion von Wirtszellen, indem er die Zellmembrane verändert. Herpesviren sind nicht mehr in der Lage, an Zellen anzudocken. Vor allem für Patienten, die auf Nukleosidanaloga nicht ansprechen, stellt Docosanol eine vielversprechende Option dar. Beide Wirkstoffe sind rein synthetisch. Wer bei der Herpesbehandlung auf die Heilkräfte von Mutter Natur setzen will, der ist mit pflanzlichen Präparaten gut beraten. In diesem Bereich punkten Extrakte aus Melisse oder Salben mit Zinksulfat. Beide Wirkstoffe hemmen ebenfalls das Eindringen von Viren in die Wirtszellen.
Relativ neu sind Herpespflaster. Sie sind transparent und nach dem Aufkleben kaum sichtbar. Im Gegensatz zu Salben und Co enthalten sie keinerlei Wirkstoffe. Sie funktionieren nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung. Neue Zellen bilden sich viel besser, als wenn sie Luft ausgesetzt sind, die Haut kann sich somit rasch regenerieren. Die Pflaster sorgen für eine bis zu 30 Prozent schnellere Wundheilung als unter normalen Bedingungen.
Die Forschung steht noch am Anfang, doch ein vielversprechender Ansatz könnte sein, durch die Gabe von Impfstoffen der Zellimmunisierung auf die Sprünge zu helfen. Der Grundgedanke ist der, dass die meisten Symptome auf entzündliche Prozesse zurückzuführen sind. Wissenschaftlern ist es darüber hinaus gelungen, Virusbestandteile zu identifizieren, an denen Killer-T-Zellen angreifen können. Vielleicht lässt sich durch die Erkenntnisse schon bald eine neue Generation von Medikamenten im Kampf gegen Herpes entwickeln.